Beobachtungsbericht Ende März 2022 - Berühmte Paare
Nachdem Ende März 2022 das schöne Wetter auch noch anhielt, als sich nach Vollmond der abnehmende Mond von der abendlichen Bühne verabschiedet hatte, nutzte ich den immer noch auf der Terrasse stehenden 12 Zöller nicht nur zur Sonnenbeobachtung, sondern auch wieder zur abendlichen Beobachtung von Deepsky Objekten.
Teilweise waren die Bedingungen recht gut, in der Spitze bis zu einer Grenzgröße von mehr als 5,5 Mag, aber es waren auch Abende mit herabgesetzter Grenzgröße dabei. Ich habe meistens auch schon mit den Beobachtungen begonnen, wenn die Straßenlampen noch in Betrieb waren und mich so gut es ging gegen Störlicht geschützt. Es hilft schon viel, wenn die Tau-/Störlichtkappe des Teleskops lang genug ist, man nicht direkt in die Lichtquellen schaut, beim Einblick in das Okular seitliches Störlicht abschirmt/abschattet und dann auch mal einige Minuten am Objekt bleibt, sich also "einsieht". Zudem wird der Himmel meistens in Richtung Zenit deutlich besser als in Horizontnähe.
So kam es, dass ich mich nach der Verabschiedung der winterlichen Objekte im Westen, wie z.B. Messier 42/43, meistens in den höheren Deklinationen aufhielt, also Objekte wählte, die nicht zu nahe am Horizont standen.
Aus welchem Grund auch immer, ich ging hauptsächlich Objekte an, die sich paarweise präsentieren und teils durchaus klangvolle Namen tragen. Dazu gehört ja auch der, zur Verabschiedung des Winters, gewählte Orionnebel. Vor den großen Schwingen der Hauptkomponente M 42 steht mit M 43 ein vergleichsweise kleiner, runder Wattebausch.
M 42 weist eine scheinbare Helligkeit von etwa 4 Mag auf und seine Winkelausdehnung beträgt 65x60 Bogenminuten. Damit ist der Nebel gut doppelt so groß wie der Vollmond mit 31', was etwa einem halben Grad entspricht. M43 kommt auf 9 Mag und etwa 20x15'. Diese riesigen Dimensionen zeigen sich natürlich nur fotografisch und/oder annähernd unter besten Bedingungen mit merklich über 6 Mag freisichtiger Grenzgröße. Aber auch unter 5 Mag gibt es bereits sehr viel zu sehen.
Hier mal eine schwarz/weiß Zeichnung der beiden Objekte.
und dann der Anblick, wie er sich durch meinen Orangefilter bei großer Austrittspupille (6 mm) bietet. Der Rotfilter dunkelte unter den gegebenen Bedingungen zu sehr ab. Natürlich sind O III und UHC Filter an solchen Emissionsnebeln erste Wahl, aber der Orionnebel ist, unter brauchbaren Bedingungen, auch ohne Filter eine Augenweide und mit dem Orangefilter eben anders, aber durchaus mal interessant.
Zur Einleitung der Galaxien Saison nahm ich mir Messier 81/82 vor, wohl eines der bekanntesten GX-Paare überhaupt.
Messier 81, Bodes Galaxie, ist als eine 24,9x11,5 Bogenminuten große, 7 Mag helle Spirale sichtbar, der wir etwas schräg auf den Teller schauen, während wir die Spiralgalaxie M 82 mehr über den Tellerrand betrachten. Sie zeigt uns eher die Kante, sieht aus wie eine Zigarre und heißt daher auch so. Ihre Winkelausdehnung am Himmel beträgt 11,2'x4,3' und sie erscheint 8,6 Mag hell.
Ich bekomme beide Galaxien, jeweils knapp randständig, gemeinsam ins Gesichtfeld des 38 mm WA Okulars mit der maximal möglichen Feldblende, muss dazu aber schon Kopf und Augen bewegen. Mehr Detail und Auflösung, auch ein dunklerer Hintergrund, kommt natürlich dann mit höheren Vergrößerungen und kleinerer AP, bei der Einzelbetrachtung. In der Zeichnung habe ich das ein wenig komprimiert.
M 81 wirkt sehr ruhig, zeigt sich im Kern annähernd gleichmäßig hell und von einem diffusen, großen Halo umgeben. Je dunkler der Himmel, um so größer die Öffnung, diese Aufhellung wird immer größer, heller und strukturierter. Ich meinte, in besten Momenten, die Ansätze der weiter nach außen reichenden Spiralarme als schwaches Glimmen zu erkennen und schätze mal, dass ich etwas mehr als die Hälfte der vollen Flächenausdehnung dieser Galaxie gesehen habe.
Dagegen findet in M 82 gerade ein heftiger Starburst statt, der auf guten Fotografien fast aussieht, als würde die Zigarre in der Mitte explodieren. Visuell bleiben davon Verdunklungen übrig, von denen eine so aussieht wie eine Banderole.
Zur Gruppe um M 81 gehören noch weitere Galaxien, von denen man zwei Vertreter mit etwas größeren Suchschwenks auf der von Messier 82 abgewandten Seite von M 81, außerhalb des oben gezeichneten Feldes, leicht finden kann.
Die Nächstgelege ist NGC 3077, als irreguläre Galaxie klassifiziert und mit 10 Mag recht hell. Ihre Winkelausdehnung beträgt 5,2x4,7Bogenminuten und sie erscheint auch bei der visuellen Beobachtung oval rundlich, mit hellem Kern und verwaschen auslaufenden Rändern.
Etwas weiter ab steht die deutlicher oval erscheinende NGC 2976, eine 10,1 Mag helle Spirale mit 5,9'x2,7'. Wir schauen also etwas schräg auf den Teller.
Hier mal zwei vergrößerte Ausschnitte aus älteren Skizzen neu bearbeitet.
Da ich schon im großen Bären war suchte ich auch ein weiteres schönes, bekanntes, aber ungleiches Paar, nahe dem hinteren Kastenstern des "Wagens" auf. Messier 97/108.
M 97, der Eulennebel, ist ein Planetarischer Nebel, also ein gestorbener Stern, besser gesagt, die Wolken der abgestoßenen Hüllen mit dem Sternrest darin. Dieser PN befindet sich in unserer Milchstraße. Er ist visuell 9,9 Mag hell, fast rund und mit 3,4'x3,3' schon ein mittelgroßer Vertreter seiner Objektklasse. Unter Verwendung eines O III oder UHC Filters bleibt er bei abgedunkeltem Hintergrund sehr hell und ist leicht mit dem Übersichtsokular aufzufinden. Andeutungen der Augenhöhlen, die ihm den Namen eintrugen, sehe ich aber eher ohne Filter, bei guten Bedingungen und mit höherer Vergrößerung.
Im gleichen Gesichtsfeld kann man dann M 108 finden, eine entfernte Spiralgalaxie, die sich uns in einer moderaten Kantenlage zeigt. Daher wohl der Eigenname "Surfboard". In dieser Galaxie sind sehr viele Sternentstehungsgebiete aktiv, was ihr im 12-Zöller und bei höheren Vergrößerungen ein leicht gemotteltes Aussehen gibt, wenn die Bedingungen stimmen. Dadurch erscheint sie auch, trotz ihrer mit 8,6x2,4 Bogenminuten geringen scheinbaren Größe, recht hell. Sie bringt es auf 9,9 Mag und fällt daher schon im Übersichtsokular, als schmaler heller Strich, deutlich auf.
In der Gegend kommt man natürlich an einem Klassiker wie Messier 51, dem Whirlpool nicht vorbei und auch hier handelt es sich um ein Paar, genauer um zwei Galaxien in Wechselwirkung. Sie sind unterhalb der "Wagendeichsel", bereits im unscheinbaren Sternbild Jagdhunde zu finden. Als wechselwirkendes Paar sind sie im ARP-Katalog mit der Nummer 85 verzeichnet.
Bei M 51 (NGC 5194) handelt es sich um eine 11,2'x6,9' große, 8,1 Mag helle Spiralgalaxie der wir auf die Scheibe sehen und direkt daneben, von einem Arm der Spirale erfasst, befindet sich mit NGC 5195 eine kleine, irreguläre Zwerggalaxie, die visuell nur als rundlicher Fleck erscheint. Sie weist eine scheinbare Helligkeit von 10 Mag auf. Bemerkenswert ist, dass die Kernbereiche beider Galaxien fast gleich hell sind, sodass unter ungünstigen Bedingungen nur zwei kleine Nebelbällchen, nebeneinander stehend, zu sehen sind. Erst gute Bedingungen und /oder große Öffnung machen die Beobachtung von Ansätzen der Spiralstruktur von M 51 möglich. Diese etwas ältere Zeichnung trifft ganz gut, was zu sehen war. Auf La Palma ist das z.B. nochmal eine ganz andere Hausnummer.
Etwas tiefer in den Jagdhunden, im Grenzbereich zum Haar der Berenike, befindet sich ein hochinteressantes Objektpaar, bei dem jedes Paar nochmal ein Pärchen ist.
Bekannt sind sie als NGC 4631, Walfischgalaxie und NGC 4656, Hockeyschläger Galaxie.
Der Wal ist eine 15,2'x8' große, helle Balkenspirale nahe der Kantenlage, was sie in der charakteristische Form einer bauchigen Spindel erscheinen lässt.
Der Hockeyschlager ist ebenfalls eine Balkenspirale und zeigt sich 15,2'x2,4' groß, noch mehr auf der Kante stehend, schmaler und deutlich schwächer.
Im Übersichtsokular habe ich sie beide schön im Feld stehend, wobei ich bei leicht störendem Umgebungslicht der Straßenlampen zunächst nur die hellere NGC 4631 ausmachen konnte. Erst nach längerem Einblick ins Okular schälte sich oberhalb des Wals auch NGC 4656 ganz zart aus dem dunkler werdenden Hintergrund. Die Zeichnungen entstanden dann später am Abend, unter besseren Bedingungen.
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Hier ist eine genauere Betrachtung der Gegebenheiten wirklich interessant.
Obwohl im Zielgebiet durchaus eine freisichtige Sterngrenzgröße über 5 Mag erreicht wurde und alle drei Galaxien mit dem 12 Zöller locker erreichbar sind, zeigte sich der Hockeyschläger und auch die kleine Begleitgalaxie des Wals zunächst nicht, während der Wal mit 9 Mag visueller Helligkeit (lt. Wikipedia) bei knapp 60fach und 5,3 mm Austrittspupille eindeutig im Übersichtsokular stand. Erst bei längerer Beobachtung mit dem zweiten Übersichtsokular bei 80fach und 3,8 mm AP schälte sich auch der Hockeyschläger, mit 10,1 Mag, langsam als längliche Aufhellung aus dem Hintergrund. Die kleine runde Begleiterin des Wals mit nur 12 Mag ließ sich noch länger bitten. Sie blieb grenzwertig, bis wirklich alle Straßenlampen aus gingen und in der Umgebung viele Störlichtquellen wegfielen. Auch die schwachen Außenbereiche des Hockeyschlägers gewannen erst danach an Substanz und Ausdehnung. Nun waren alle Objekte auch bei 60fach und 5,3 mm AP zu sehen.
Das zeigt eindeutig, dass bereits unter Störlichteinfluss eine Dunkeladaption der Augen zumindest teilweise erreicht werden kann und sich die Wahrnehmung mit der erforderlichen Abschattung, sei es durch ein Tuch oder auch nur den längeren Einblick in ein gut abgeschirmtes Okular deutlich steigern lässt. Das reichte, zusammen mit der Wahl der passenden AP und Auflösung in diesem Fall zur Sichtung grenzwertiger Objekte, bereits bevor die meisten Störlichquellen wegfielen, wenn auch bessere Bedingungen mehr Details offenbarten.
Auch wenn man, wie ich, unter manchmal doch etwas zu hellem Rotlicht zeichnet, oder technische Helferlein mit roten Displays nutzt, kann es sich durchaus lohnen, bei der anschließenden Beobachtung etwas mehr Zeit zu investieren, um den Augen Gelegenheit zu geben, einen besseren Adaptionsgrad zu erreichen.
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In der Einzelbetrachtung mit höherer Vergrößerung und unter dunkleren äußeren Bedingungen zeigt sich NGC 4631, der Wal, leicht gemottelt, am "Kopfende" dicker und mit etwas verbogener Schwanzflosse. Neben der Mottelung fallen auch zwei bis drei winzige Sternchen in/vor der Galaxie auf. Dann zeigt sich ein kleiner, schwacher Nebelhauch unter dem Walkörper (Newtonanblick).
Aufgerichtet könnte man das als den "Blas" des Wals ansehen, zumal das "Blasloch" von einem winzigen Sternchen markiert wird. Dieser kleine Wattebausch ist NGC 4627, eine kleine Begleitgalaxie. Sie ist auch für die leichte Verformung von NGC 4631 verantwortlich.
Beide sind im im Arp-Katalog als Arp 281 verzeichnet.
Beim Hockeyschläger handelt es sich nicht um ein Paar mit zwei NGC Nummern, sondern um eine einzige Galaxie vom Typ Balkenspirale. Wir sehen auf die Kante von NGC 4656 mit einem recht hellen Mittelteil und schwachen äußeren Bereichen. Das eine Ende des Mittelteils scheint wie ein Haken nach oben gebogen, eben der Hockeyschläger. Für diese Verformung dürfte eine Wechselwirkung mit NGC 4631 bei einer Annäherung in ferner Vergangenheit verantwortlich sein. Der Haken hat mit NGC 4657 einen eigenen Katalogeintrag erhalten. Die schwachen Ausläufer sehe ich mit dem 12-Zöller nur unter guten Bedingungen deutlich.
Zum Abschluss noch mal ein sehr reizvolles Paar von zwei völlig unterschiedlichen Objekten. Messier 46 ist ein reicher, heller offener Sternhaufen im Sternbild Puppis, unterhalb Monoceros und entkam an einigen Abenden gerade so dem horizontnahen Grauschleier. Im Vordergrund, zufällig von uns aus auf der gleichen Sichtlinie, befindet sich der kleine, runde, planetarische Nebel NGC 2438. Das bietet, wie ich finde, einen ganz hervorragenden Anblick.
Der Sternhaufen M 46 ist, wie auch sein Nachbar M47, sehr leicht aufzufinden und unterscheidet sich von diesem in der Übersicht durch die feiner wirkenden Sterne. Mit etwas höherer Vergrößerung, spätestens unter Einsatz einen O III oder UHC Filters kann man dann das kleine, flächige Scheibchen des PN sicher ausmachen.
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Die Beobachtung dieses Paares ist auch unter dem Aspekt interessant, dass man hier einen kleinen planetarischen Nebel in dem hellen Sternhaufen sehr sicher aufsuchen und sehen kann.
Der 6,1 Mag helle Sternhaufen ist schon locker mit einem Fernglas zu entdecken und misst immerhin rund 27', nimmt also am Himmel fast Vollmonddurchmesser ein. Der runde planetarische Nebel erreicht lediglich 10,8 Mag und nur 1,27' Ausdehnung, womit er ein durchschnittlicher Vertreter seiner Gattung ist. Viele PNs sind noch kleiner, aber durchaus hell genug, um sie auch unter ungünstigen Bedingungen mit Amateurfernrohren beobachten zu können, wenn man sie findet.
Mit so einem Winzling in einem großen Sternhaufen kann man seine Erwartungshaltung beim Starhopping auf solche Nebel, also bei, Suchen und Finden, anpassen. Wer in etwa weiß, wie das Objekt der Begierde in Größe und Form aussieht, findet es leichter.
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