Ich habe ihn schon lange, den 100/600er mit dem BW-Objektiv, welches aufgrund seiner guten Qualität vor Jahrzehnten von vielen Selbstbauern eingesetzt wurde.
Vor bestimmt 20 Jahren erwarb ich diesen Selbstbau-Refraktor, weil er eine deutlich bessere Abbildungsleistung brachte als mehrere 102/500er Skywatcher Achromate nach Fraunhofer, schärfer und auch deutlich farbreiner war und ist.
Lange ist es her, das Teleskop fristete in den letzten Jahren ein Schattendasein, stand einsatzbereit aber größtenteils ungenutzt bei meinen Eltern im Haus. Ich hatte es auf die alte, defekte AZ-GoTo montiert, von der nur noch die Handsteuerung für die Bewegung in beiden Achsen funktioniert.
Eigentlich nur hervor- und abgeholt, um ihn einem Freund zu übergeben, der ihn eventuell besser nutzt, stand der alte, zu Zeiten durchaus geschätzte Kerl dann doch längere Zeit im Weg rum und wie das so ist, setzt sich doch die Idee durch, noch einmal zu schauen, was geht.
Bei Deepsky macht er ein schönes Bild mit feinen Sternchen, Deepsky im Rahmen der Öffnung ist okay. Das 38er WA ist gut, 16fach mit 6,3 mm AP und fast 4,5 Grad Feld, das ist stark, auch das 28er UWA kommt bei 21fach noch auf 4 Grad Feld. Das Bild zeigt mein 22er LVW im Okularauszug, das harmoniert gut. Heftig ist das 20er UWA mit 100° Eigengesichtsfeld bei 30fach, das hebt sich schon sehr deutlich vom Fernglas ab. Spätestens hier wird es dann am Gesichtsfeldrand merklich etwas unschön, mit aufgeblähten und verzogenen Sternen, aber da muss man schon hingucken, ansonsten ist das für die Übersicht einfach prima. Höhere Vergrößerungen als 100fach soll er nicht, sollte er nie, kann er auch nur in Grenzen, obwohl ich mich nun wieder erinnere, dass das übervergrößerte Sternscheibchen im Sterntest beim Erwerb tadellos aussah. Intra-wie extrafokal rund, kein Asti, keine auffälligen Zonen.
Interessant wird es am Mond und den Planeten, denn am Mond ist der Gesichtsfeldrand an der Feldblende, nicht nur im 22er LVW (da aber besonders), schon sehr bunt, auch harte Kontraste zwischen schwarzen Schatten und sonnenbeschienenen Kraterwänden oder Bergrücken zeigen hauptsächlich grünliche Farbverläufe. Da kann auch atmosphärische Dispersion mitgespielt haben, ansonsten ist das Bild aber knackig.
Das BW-Objektiv wurde immer wieder mal diskutiert, unter anderem auch, ob nicht eventuell Glasweg gegen den Farbfehler helfen könnte, wie ihn z.B. ein Zenitprisma bietet. Mein Binoansatz bietet auch Prismen mit Glasweg, also warum nicht versuchen, Die Adaption dauerte etwas und es gelang schließlich, mit etwas weiter gestellter Barlow knapp am inneren Anschlag in den Fokus zu kommen.
Die Säume werden schwächer, sind aber nicht weg. Extrem wirkungsvoll erweist sich ein einfacher Grünfilter 500nm von Baader. Keine Farbsäume mehr und ein zwar grünliches, aber knackiges Bild, das sich auch bei 60 oder 80fach noch prima anschauen lässt. Binokular ist das schon erstaunlich detailreich, weil scheinbar um Faktor 1,4 größer.
Auch monokular bringt der Grünfilter eine starke Verbesserung, gelb oder Orange sind nicht so wirkungsvoll, aber merklich besser als nichts.
An der Sonne dann ein ähnliches Bild hinter dem pflichtgemäßen Objektivschutzfilter Baader Astro Solar visuell.
Ohne Filter leichte grünliche Säume und nur in der Umbra, also im tiefen Schwarz der Flecken auch ein leicher Saum in Magenta. Schon der Orangefilter löscht das nahezu aus, mit dem Grünfilter wird es gestochen scharf und bleibt auch bis 60 oder (wenn das Seeing es zu lässt) 80fach so.
Das sind richtig gute Ergebnisse und damit lag für mich nahe, die kleine Linse doch mal mit meinem 114/66er Selbstbau-Newton-Dobson direkt zu vergleichen. Das ist ein 114er Newton, wie man ihn in dieser Qualität und mit so wenig Obstruktion, bei Ausnutzung der vollen Öffnung, heute nicht fertig zu kaufen bekommt, so wie es diesen Refraktor nicht zu kaufen gibt. Allerdings sind die heutigen Newtons dieser Öffnungsklasse durch die Bank deutlich schlechter und die heutigen Refraktoren, bei Bedarf, in deutlich besserer Qualität zu bekommen.
Ich habe den Vergleich an der Sonne gemacht und ja, der Newton ist schon ein klein wenig besser. Allen Obstruktionsphobien zum Trotz wirkt sich die größere Öffnung, vor allem aber die Farbreinheit des Spiegels positiv aus.
Das Ganze ist zeichnerisch schwierig zu erfassen, aber auch wenn der Grünfilter den Farbfehler des Refraktors quasi unsichtbar macht, bleibt er in den feinsten Strukturen, der Sichtbarkeit kleinster Flecken und Helligkeitsunterschiede sichtbar hinter dem Newton zurück. Ich denke, ein farbreiner 100er APO wird da besser aussehen.
Egal, hätte ich den 114er Dobson nicht, wäre der kleine Refraktor in der Öffnungsklasse durchaus noch eine Wahl für mich, aber weil der 150/739er Dobson und damit deutlich mehr Auflösung, genau so schnell auf dem Balkon ist wie der kleinere Bruder bleibt er schon meistens in Reserve, außer es geht mal um noch mehr Feld als der 6 -Zöller bieten kann.