Immer wieder haut mal jemand mit guter Reputaion so eine Aussage raus, wie ich sie kürzlich wieder einmal in einem Forum anlässlich einer Empfehlung zum Equipment las:

An Objekten wie Messier 31(Andromedagalaxie) oder Messier 51 (Whirlpoolgalaxie)  ist Kontrast wichtiger als Öffnung.

Auch die ebenso häufig bemühte Tatsache, dass man unter dunklem Alpenhimmel mit einem 10x50 Fernglas mehr sieht als mit einem 10 Zoll Dobson aus der Stadt heraus zielt in diese Richtung und dann gibt es ja noch den brühmten Öffnungsabzug für obstruierte Teleskope, also solche mit einem Fangspiegel im Strahlengang, weil dieses Hindernis den Kontrast mindert.

Es wird schon ersichtlich, dass eine Gemengelage aus vielen Faktoren den Kontrast des Himmelshintergrundes zum Objekt der Begierde als bestimmenden Faktor für solche Aussagen ausmacht, während die Öffnung, also das bestimmende Element für die Auflösung hinten angestellt wird.

In der folgenden Betrachtung lasse ich den ach so beliebten Äpfel-/Birnenvergleich zwischen dem f/5 zu kurz  Achromaten und dem f/5 Premiumspiegel genau so außer Acht wie den 150 Euro Newton im Vergleich mit dem 3000 Euro APO.  Annähernd vergleichbare Ausgangsqualitäten und Leistungsausnutzung der Optiken sind gesetzt.

 

Ich fange mal hinten, also bei der Obstruktion an, weil ich das Thema anlassbezogen schon im Beitrag "MTF Die XXXTE" und unter "Ein Zoll mehr und Gut ist das" ausführlich besprochen habe, letztlich zeigt diese Grafik

sehr eindrücklich, dass es schon extreme Obstruktionswerte um 50% braucht, um zumidest in Teilen des visuell relevanten Bereichs mit einem 10-Zöller unter die Kontrastwerte eines 8-Zöllers zu fallen.  Um alle Eventualitäten auszuschließen kann man mit einem Zoll Öffnungszugabe die Obstrution, vergleichbare Optikqualitäten vorausgesetzt, immer überkompensieren.

Das Beispiel mit dem Alpenhimmel und der Stadt ist sehr eindrücklich und hat mit dem optischen Hilfsmittel der Wahl zunächst mal gar nichts zu tun, denn das ist auch schon mit bloßem Auge genau so extrem zu sehen. Kein noch so großes Teleskop kann aus einem 3 Mag Stadthimmel einen 7 mag Alpenhimmel machen, man setzt immer bei der vorhandenen Himmelsqualität an.

Entscheidend und gerne unterschlagen ist aber auch, dass der 10 Zöller unter Alpenhimmel dann eben dem entsprechend  durch die viel größere Öffnung einen extremen Auflösungsgewinn gegenüber dem Fernglas verzeichnet, während das Fernglas in der Stadt in keinster Weise an die Anblicke unter Alpenhimmel anknüpfen kann. Das kann der 10-Zöller, zurück in der Stadt, allerdings auch nicht, aber es geht auch hier immerhin deutlich mehr als mit der Fernglas.

So weit, so gut, dann wird häufig das schlechte Seeing ins Feld geführt, welches in Deutschland nicht zulässt, mehr als 4 oder mehr als 6 Zoll Öffnung gewinnbringend bei der Beobachtung auszunutzen. Natürlich ist es so, dass man einen 60 mm Refraktor fast immer bis an die Auflösungsgrenze des Teleskops und dessen was das Auge mit dem Bild macht, und darüber hinaus, also 60 bis 120fach, betreiben kann, ohne von Seeing Einflüssen gestört zu werden, während man mit der dreifachen Öffnung schon bei 120fach Seeingeinflüsse deutlich bemerkt und eventuell schon bei 150fach eingebremst wird, wo doch eigentlich 200 bis 300fach locker drin sein müssten.

Das größere Teleskop löst eben schon bei 120fach deutlich besser auf als das Kleinere, also auch Details, die das kleine Teleskop nicht zeigt, aber eben bereits von Seeingstörungen betroffen sind und es sammelt mehr Licht. Die größere Seeinganfälligkeit kommt also erst zunehmend mit der Ausnutzung des größeren Auflösungsvermögens zum Tragen. Man kann hierzulande durchaus auch mal einen 16-Zöller von der Auflösung her ausreizen, auch wenn das mit einem 6-Zöller deutlich öfter möglich ist.

In jahrzehntelanger Praxis mit 3- bis 18-zölligen Teleskopen hat bei mir auf dem Balkon noch nie ein 100er Refraktor mehr gezeigt als ein 150er Newton, auf der Terrasse kein 150er Newton mehr gezeigt als ein 12 Zoll Newton und im Feld  kein 8 -Zöller mehr gezeigt als ein 16-Zöller. Das gilt für alle Objektklassen bei jedem für Beobachtungen einigermaßen brauchbaren Seeing und für alle Mitbeobachter. Physik ist da unbestechlich. Bei Weitem nicht ausschließlich, aber doch sehr maßgeblich hat die Praxis mit meiner inzwischen nicht mehr betriebenen "Mythossäge", einem Teleskop bei dem sich ein 6 Zoll Spiegel in den Strahlengang einen 12-Zoll Newtons "einspiegeln" ließ, durch die Möglichkeit des direkten, sofortigen Vergleichs, dazu beigetragen, eindeutige und sehr offensichtliche Erfahrungen zu sammeln.

  

 

Nun sind aber hier als Aufhänger zugunsten des Kontrasts neblige Objekte, speziell Galaxien genannt. Während wir an Mond und Planeten, selbst bei höheren Vergrößerung mit großen Öffnung noch Lichtdämpfung betreiben müssen, um Blendung und Überstrahlung zu vermeiden, geht es hier um viel geringere Unterschiede zwischen Objekthelligkeit und Hintergrund, also um sehr viel schwächere Kontraste.

Da ist dann erst mal wichtig, dass wir kein Objekt am Himmel, also weder einen Stern, noch eine Galaxie, heller machen können, als es ist bzw. uns am Himmel erscheint. Wenn wir die Andromeda Galaxie unter dunklem 7 Mag Himmel schon mit bloßem Auge sehen ist sie genau so hell wie dann, wenn wir sie unter aufgehelltem 5 Mag Himmel Himmelnicht mehr erkennen können.

Wollen wir sie unter 5 Mag Himmel sehen, müssen wir schon ein 10x50 Fernglas zu Hilfe nehmen. Deutlich mehr Lichtsammelleistung und 10 mal größer sehen wir dann den ovalen Wattebausch auch unter den schlechten Bedingungen allerdings würden wir mit so einem Fernglas unter besserem Himmel schon deutlich mehr  Strukturen sehen.

In beiden Fällen haben wir mit dem Fernglas am Kontrast, der uns vom Himmel geboten wird, noch kaum geschraubt, nur Lichtsammlung und Auflösung/Vergrößerung gesteigert.

Mit einem Fernrohr können wir nun aber noch mehr tun. Wir können die Vergrößerung steigern und  damit die Austrittspupille am Okular, also unsere Eintrittspupille verkleinern. Das Bild wird dunkler, das heißt der angegraute Hintergrund wird schwärzer, das neblige Objekt größer und ist damit leichter zu erkennen. Ein relativ großes Objekt wie die Andromeda Galaxie sprengt dann schonmal das Gesichtsfeld, während kleinere Galaxien, wie z.B. M 51 dann eventuell erst sichtbar werden.

Die Austrittspupille, die angelegte Vergrößerung am Fernrohr, machen hier den Kontrast, die Sichtbarkeit eines Objekts aus, Kontrast steht nicht solitär einfach zur Verfügung.

  

Da steht aber nun ein 5 Zoll Refraktor mit einem 30 mm Okular drin und der hat einen deutlich besseren Kontrast als der 5 zoll f/5 Newton daneben mit dem gleichen Okular.  Das kann jeder sehen und das muss in dem Moment, wo der Refraktor z.B. f/10  hat auch so sein, wenn der Newton f/5 hat. Gibt man dem Newton ein 15 mm Okular in den Okularauszug herrscht von Kontrast und von der Vergrößerung her Gleichstand, sieht man mal von den leichten Einbußen bei harten Kontrasten und mit hoher Vergrößerung ab, die obstruktionsbedingt sind (siehe oben).

Interessanter Weise schwören viele Leute auf SC und MAK, wenn es um hohe Vergrößerungen geht, weil die so einen tollen Kontrast liefern.....das immer mit deutlich mehr Obstruktion als vergleichbare Newtons. Sie liegen nie unter 30%, selten unter 35% häufig über 40%. Auch das ist noch lange keine Katastrophe (siehe oben) aber schon ein Unterschied.

Allerdings können sie, aufgrund des kleinen Öffnungsverhältnisses, selten größer als f/10, mit gängigen Okularen auch gar keine große AP, also ein helles Bild mit geringer Vergrößerung und großer AP liefern.

Das ist durchaus ein Nachteil, allerdings nur, wenn man auch mal unter gutem Himmel große Gesichtsfelder, große Objekte, Objektansammlungen in großem Feld beobachten möchte.

Bei großen Teleskopen dieses Bautyps kann die geschlossene Bauweise, welche die Temperaturanpassung der Optik erschwert, zu Problemen führen, zumal man ja keine ganz geringen Vergrößerungen anlegen kann, wodurch sich äußere Seeingeinflüsse hinzu addieren. Das im Bedarfsfall zu entschärfen ist möglich, aber etwas aufwändig.

Nun gut, mit dem vom Fernrohr gelieferten Kontrast sind wir aus dem Thema noch lange nicht raus, denn unsere Augen, unser Visus machen das Bild. Da geschieht Erstaunliches, bis hin zur Farbverfälschung zugunsten eines erkennbaren Kontrasts.

Hier mal eine sehr simple Grafik

aus dem Artikel "Grundsätzliches zur Austrittspupille". Senkrecht untereinander sichtbare Punkte haben immer exakt den gleichen Grauton, die rechten vier Punkte in jeder Rehe exakt den gleichen Farbton.

Unser Visus ist genial wenn es um Kontrastverstärkung geht, farbtreu ist er eher nicht wirklich.

Auch bezüglich eher diffuser "Flecken" die ohne scharfe Begrenzung in einen Hintergrund übergehen, wie es bei Galaxien sehr häufig der Fall ist, leistet unser Visus erstaunlich gute Arbeit,

 

gerade dann, wenn wir, wie unten dargestellt, mit der Abdunklung des Hintergrundes noch eine Größensteigerung des Objekts einher gehen lassen.

Diese Vergrößerungssteigerung ist bei der Anpassung der Austrittspupille zwecks Abdunklung des Hintergrundes zwangsläufig gegeben.

Sie ist ebenso zwangsläufig auch bei einer Öffnungssteigerung gegeben, da man hier bei gleicher AP eine entsprechend höhere Vergrößerung anliegen hat und die AP nun mal über den Kontrast entscheidet. Kontrast lässt sich also nur dann sinnvoll losgelöst von Öffnung und Auflösung betrachten, wenn man gar keinen Bezug zu einer größeren oder kleineren als der gegebenen Öffnung herstellen möchte.

Im Extremfall zeigt eine kleine Öffnung ein Objekt, z.B. die Antennengalaxien NGC/4038/4039, gar nicht zwischen den Umgebungssternen, auch nicht bei 2 mm AP und schwarzem Himmelshintergrund, während eine mittlere Öffnung die beiden Kerne schon als eng beieinander stehende graue Fleckchen bereits aus einem dunkelgrauen Hintergrund lösen kann, aber auch mit kleinerer AP, mehr Vergrößerung und Auflösung nichts von den Antennen zeigt.  Deren Ansätze zeichnen sich dann mit einer noch größeren Öffnung schon vor einem anthrazitfarbenem Hintergrund ab.

 

NGC 4038 39 GX Gro

 

Haben wir bis hier hin immer wieder mit dem Problem zu kämpfen, dass alles Licht, welches nicht von jenseits unseres Sonnensystems kommt, extrem stört, weil es eben Streu-/Störlicht ist, unsere Dunkeladaption stört und den Kontrast des Objekts zum Umfeld mindert, ändern sich die Vorzeichen bei der Mond- und Planetenbeobachtung dramatisch.

Mond und Planeten sind so hell, dass sie die Dunkeladaption sofort  mindern oder gar verhindern, was aber erwünscht ist, denn mit dunkeladaptierten Augen lässt die Sehschärfe um bis zu Faktor 4 nach, übrigens ohne dass wir es bemerken. Auch die Farberkennung bei diffusen Objekten und Kontrasten wird ungünstig beeinflusst und wenn z.B. der Mond zu hell ist werden wir geblendet, was bis zur völligen Überstrahlung von Details und Geisterbildern noch Minuten nach der Blendung führen kann.

Nicht blendendes , diffuses Umgebungslicht ist hier also absolut nützlich und wenn man mit großer AP beobachtet empfiehlt sich Graufilterung, also Lichtdämpfung. Ab welcher AP welcher Dämpfungsgrad erforderlich ist, entscheidet sich individuell, je nach Visus und persönlicher Empfindlichkeit sehr unterschiedlich.

Wieder ist es also jedem Beobachter überlassen, sich mit gegebener Öffnung, seinem Equipment und unter gegebenen Bedingungen die sinnvollste Auflösung und den besten Kontrast selbst zu holen.

2 mm AP ohne Filterung können viel zu hell sein, mit 1,5 mm AP und Graufilter ist das Bild gut, aber da geht noch was. 

Ordentlich mehr Vergrößerung und 0,7 mm AP werden durch leichtes, aber zu häufiges Seeinggezappel anstrengend obwohl die Helligkeit angenehm ist.

1 mm AP mit einer Hintergrundbeleuchtung erweisen sich als ideal und wenn dann noch die Transparenz  des Himmels und die eigene Verfassung hervorragend sind, passiert es halt, dass man sein Teleskop sehr gut ausnutzt , egal ob das ein 6-Zöller oder ein 12-Zöller ist.

  

Okay, 1 mm AP, was ist denn daran gut genutzt, das ist 1 x D Öffnung und da geht doch mit einem 6 Zöller 2 x D, also 300fach anstatt schlappe 150fach und der 12-Zöller sollte doch nicht nur 300fach sondern 600fach können, das klingt schon eher nach Ausnutzung der Öffnung.

Es ist einfach so, dass alle Details, die eine Optik auflösen kann, völlig unabhängig vom System, schon bei 1xD Öffnung, also bei 1 mm AP im Bild vorhanden sind. dann kommen unsere Augen, unser Visus ins Spiel und da ist es logisch, dass für feinste Details etwas mehr Vergrößerung völlig unschädlich ist. Hinzu kommt noch, dass man mit einem etwas schwächeren Visus einfach mehr Vergrößerung braucht, um vorhandene Details zu erkennen. Natürlich kann man, soweit das Seeing es zulässt und die Helligkeit des Objekts ausreicht, die Vergrößerung noch mehr steigern und mit noch kleinerer AP beobachten. Wird es allerdings zu dunkel und/oder kommt es schon zur Aufweichung harter Kontraste, lässt die Bildschärfe nach, was oft genug allerdings wegen der einsetzenden Dunkeladaption mit nachlassender Sehschärfe der Augen einher geht und daher gar nicht bemerkt wird. Augen öffnend wirkt hier häufig eine bewusste uns merkliche Reduzierung der Vergrößerung, also der bewusste Entschluss, nicht mehr steigern zu wollen.

  

 

Um wirklich zu belastbaren Erfahrungen zu kommen ist allerdings eine sehr enge Brennweitenstaffelung der Okulare im Hoch- und Höchstvergrößerungsbereich unabdingbar. Wer mit einem 10 Zöller nur die Wahl zwischen 220fach und 350fach hat verschenkt oft genug Potenzial und hat manchmal eben einfach Glück.

Oft ist weniger eben mehr, auch wenn unter perfekten Bedingungen ein Saturn oder Jupiter mit dem 12-Zöller bei 600fach  extrem imposant wirkt.