12.09.2020
Kürzlich war schon die Spiegelmitte, also ein zentraler Berg oder eine tiefe Mulde, Thema. Das ist eines der häufigsten Probleme (nicht nur) günstiger Spiegel aus Massenfertigung, welches sich aber z.B. beim Newton mit einen passenden Fangspiegel leicht entschärfen lässt.
Der zweite große, gleichrangige, immer zu prüfende Knackpunkt solcher Spiegel ist die Randzone, die häufig genannte "abfallende Kante" oder auch ein "hochgezogener Rand".
Fangen wir aber mal mit den drei Haltebacken der häufig verwendeten Spiegelzellen an. Die sind ab Werk nicht nur immer (!) zu fest angezogen und verspannen den Spiegel, mein 12-Zöller (im Bild unten rechts) hat dadurch sogar Verspiegelungsschäden davon getragen. Häufig (gerade bei kleinen Spiegeln) sind sie recht groß und fassen schon mal gerne 3-5 Millimeter auf die verspiegelte Fläche. Das macht zusätzliche Beugungserscheinungen, wie jedes Hindernis im Strahlengang. Dann kommt häufig noch eine unsauber geschliffene, sägezahnartige Fase hinzu
sowie nicht selten noch die bereits erwähnte abgesunkene oder erhabene Zone am äußersten Rand der verspiegelten Fläche. Man sieht in solchen Fällen auf Fotos mehr oder weniger ausgeprägte Halos um Sterne, der Kontrast leidet merklich. Im Sterntest sind die Bilder extra- und intrafokal extrem unterschiedlich in Ausdehnung, Struktur und Helligkeit.
Die linke Darstellung zeigt, dass diese Haltebacken die Abbildung eines hellen Sterns ziemlich ruinieren können. Das fällt zwar auf länger belichteten Fotos krasser auf, diese Störungen sind aber auch im visuell sichtbaren Bild vorhanden. Es gibt auch Hauptspiegelzellen mit vier oder gar fünf solcher Halter.
Hier mal ein ziemlich krasses Beispielbild, bei dem auch noch ein viel zu langes Okularauszugsrohr weit vor den Hauptspiegel ragt.
Sieht man das visuell immer wieder deutlich, eventuell auch an weniger hellen und nicht überstrahlten Sternen, sollte man über Abhilfe nachdenken. Deren Licht kann man zwar auch, bei Bedarf mittles Graufilter dämpfen, aber die Störung selbst zu beseitigen, ist meiner Meinung nach der sinnvollere und bessere Weg.
Man kann die Haltebacken kürzer und schmaler, oder eine Lagerung ganz ohne diese Klammern machen, die Fase des Spiegels schwärzen, oder man geht alle Eventualitäten mit einer ringförmigen, schmal- und glattrandigen Blende an,
die sich z.B. auf die Haltebackenbefestigung schrauben lässt und alle potenziellen Fehlerquellen im Randbereich des Spiegels so knapp wie möglich abdeckt. Man verliert damit 3-6 mm, im Extremfall auch mal 10 mm Öffnung, gewinnt aber, falls das Problem an der Stelle zu suchen und zu finden war, mit geringem Aufwand extrem viel Abbildungsqualität, vor allem Kontrast im Hochvergrößerungsbereich.
Es ist also, wie schon beim "Zentralberg", wieder mal nicht die so gerne be- und verrechneten 18-25%ige Obstruktion auf deren Abträglichkeit für den Kontrast man so häufig und beinahe reflexartig argwöhnisch schaut. Beim Durchschauen sieht man davon ohnehin eher nichts, da muss man schon auf 30% + X gehen.
Es sind Auswirkungen von Fehlern in der Lagerung des Spiegels am Rand oder des Spiegelrandes selbst, die leicht 0,1-0,2 Strehlpunkte kosten. Unten mal eine Grafik aus dem Artikel Test, Test, Test.
Randfehler wie die abfallende Kante (und auch die Haltebacken des HS) können schon mit wenigen Millimetern Randabdeckung, also sehr geringem Öffnungsverlust, vollständig behoben werden.
Man bewegt sich dabei durchaus innerhalb der "Herstellertoleranzen" für Rohlinge. So gibt es bei der "8 Zoll Größe" nachweislich Rohlinge zwischen 198mm und 204 mm Durchmesser und die verspiegelten Flächen sind jeweils abzüglich Fase nochmal ~ 2-3 mm kleiner. Ich habe da, beim Spiegeltausch schon mal nicht schlecht gestaunt, als der neue SW Spiegel nicht in die GSO-Fassung passte. Wir reden also schon hier von einer Spanne zwischen ~ 7,6 und 8,0 Zoll. Das ist ein Unterschied. Nimmt man für die verspiegelten Flächen jeweils 2 mm weniger, so macht das nur etwa so viel Unterschied wie ihn z.B. auch ein gängiger 50 mm Fangspiegel ausmacht. Beim Öffnungsverhältnis müssten wir von der Angabe f/5 ausgehend eigentlich von f/4,95 und f/5,1 sprechen. Diese Unterschiede sind aber nun wirklich kein Drama.
Sind all diese kleinen Fehler vermieden und/oder abgedeckt, kann das durchaus so aussehen.
Für Leute, die aufs Geld schauen müssen und doch ein gutes Teleskop wollen, gibt es durchaus gangbare Wege.
Die führen letztlich nicht zwingend zum Tuning und Selbstbau, sondern eventuell auch zu einem hiesigen Dobsonanbieter, von denen einige im günstigen Preissegment auch bessere und sinnvollere Mechanik, optimale Fangspiegelgrößen und Fokuslagen für Chinaspiegel anbieten.
Dieser Block ist neu in das Thema
https://www.astrozoom.de/index.php/theorie-und-praxis/48-einschaetzung-der-spiegelqualitaet
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