Der Abend sollte halten, was der Tag versprach und so kommt der 12+6 Zöller "Algol" zum ersten Einsatz im Jahr 2012.
Da die Beobachtung schon in der Dämmerung mit der Venus und Jupiter beginnen sollte, aber auch DS am späteren Abend geplant war, entschied ich mich für den heimischen Garten und die hier möglichen Pausen. Gerade ist Pause, da erst gegen 23.00 Uhr die Straßenlaternen abgeschaltet werden.

Die Beobachtung begann mit einer strahlend hellen Venus, hoch genug über dem Westhorizont, um sie schon bei Übersichtsvergrößerung als Dreiviertelscheibe gut zu erkennen, Lichtdämpfung mittels variablem Polfilter führte dann zu einem sehr guten, blendungsfreien Standbild der Phasengestalt.

Als ich anschließend den Blick über den Westhorizont schweifen ließ, fiel mir der kopfüber untertauchende Schwan ins Auge und so nach mich dessen ausgebreitete Schwingen eben noch hoch genug über dem Horizont wahr, um Abschied vom Cirrusnebel zu nehmen. Im Übersichtsokular mit O III Filter breitete sich noch ein mal der große Bogen mit der Knochenhand aus, wenn auch etwas lichtschwach und strukturlos, auch der Sturmvogel gegenüber wollte nicht so quirlig sein wie gewohnt, nun gut, alles hat seine Zeit.

  

Nun aber ran an den Jupiter. Der Gasriese sah bereits mit dem 15-10,5er Uwan sehr erfreulich aus, Strukturen in den Bändern, braune Barren, die Nördliche Polkappe (im Newton unten) immer noch mit Strukturen, aber auch ein Mond ganz nahe dran, das könnte doch.....?
Ein Blick ins Jahrbuch bestätigte dann, dass Io sich zum Durchgang ab 18.40 Uhr anschickte, sein Schatten sollte um 20.01 Uhr folgen.
Mal wieder dem Zufall überlassen, was man auch wissen könnte, aber egal, es passt ja.
Nach ein wenig rumprobieren entschied ich mich für das Nagler Zoom bei etwa 7 mm Brennweite, musste aber ab und zu seeingbedingt auf 9-10 mm runter, die Vergrößerungen lagen also "nur" bei 160-230fach, mehr war nicht drin.
Das faszinierende Schauspiel begann, indem sich der kleine Lichtpunkt des Mondes kurz hinter dem derzeit recht blassen GRF langsam in das SEB schob und sich dort, am Rand, sehr hell abhob. Diese Helligkeit ließ nur langsam nach, als der Mond immer weiter auf die Gaskugel vordrang und der Mond blieb als winziger, heller Punkt deutlich präsent.

Das kann man sich ansehen, aber bis zum Beginn des Schattenwurfs war Zeit für eine Pause und einen Kurzbesuch bei den Objekten für die spätere Nacht. Der Orion stand zwar noch recht tief, aber M 42/43 waren bereits zu diesem frühen Zeitpunkt und unter aufgehellten Bedingungen eine Augenweide. Dazu später mehr, zunächst mal ein Besuch bei den Sternhaufen des Fuhrmanns, bei den Plejaden und bei M 1, alles noch da und wunderschön anzusehen.

M 1, der bekannteste Supernovaüberrest

  

wie immer etwas dürftig für die prominente Hausnummer, aber Sternhaufen gehen auch unter ungünstigeren Bedingungen sehr gut.

Zurück zu Jupiter, gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie der Schatten von Io sich wegen der Seeingstörungen doch etwas schwer tut, die Gaskugel wirklich zu erobern, aber kurz darauf haben wir einen pechschwarzen, absolut scharf begrenzten schwarzen Punkt auf hellem Grund. Nach einer Weile der Eingewöhnung finde ich auch den Verursacher des Schattens wieder. Der kleine, helle Lichtpunkt ist präsent, ob man ihn bemerken muss, wenn man nicht weiß, dass er da ist, fragt sich allerdings. Er schwimmt im Sog des GRF und da zieht sich vom GRF aus, durch das Equatorialband ein helles, verwirbeltes Band bis hin zum schwarzen Schatten und hört dahinter auf. Zufall ist das, es handelt sich um die dem GRF folgenden Verwirbelungen, die offensichtlich seit meiner letzten Beobachtung deutlich an Struktur gewonnen haben oder sie fallen mir einfach nur wegen meiner besonderen Konzentration auf das Gebiet mehr auf. Das nördliche, schmalere, rötlichbraune Band wird von zwei dunkelbraunen Barren an seiner welligen Polseite dominiert.
Ich sauge mich an diesen sehenswerten Strukturen und am Mond und Schattenspiel fest, bis sich Io anschickt, seinen Durchgang zu beenden. Kurz bevor der kleine Mond den Rand der Planetenkugel erreicht wird er wieder heller, bis er strahlend hell auf deren Rand tanzt und sich zögerlich löst.
In dieser kurzen Zeit kann man, auch bei einäugiger Beobachtung erleben, dass man ein Räumliches Bild sieht. Offensichtlich kann das Wissen ausreichen, dass man eine große und eine kleine Kugel ansieht, um dann tatsächlich auch Kugeln zu sehen.
Sehr deutlich gelang mir dies vor einigen Monaten mit dem deutlich größeren Ganymed.

Nach diesem faszinierenden Schauspiel ging es noch einmal zum Orion, der sich nun deutlich höher stehend präsentierte. M42/43 waren schon deutlich besser strukturiert, aber immer noch stören meine Straßenlaternen.
Mal kurz den O III rein, auch der Rosettennebel ist wo er sein soll, also warten wir mal, bis die Laternen endlich aus sind.
Unter dem Himmelsjäger hockt das Häschen und da gibt es mit M 79 einen KS für den Winter, allein er ließ sich nicht auflösen, eine leichte Mottelung war aber zu erreichen.
Auch ein NGC Sternhaufen mit 6 Sternen (und zwei engen Doppelsternen) sowie ein kleiner PN warten dort, aber mir kriecht langsam die Kälte in die morschen Knochen. Die Winterhärte hat sich noch nicht so recht einstellen können.
Also geht es erst Mal rein, aufwärmen, am Ofen hocken, was essen, Käffchen trinken und Teil 1 des Beobachtungsberichts schreiben.
Die Gartenbeobachtung hat auch ihre guten Seiten.

 

 

Nun gut, Teil Zwei beginnt also um Punkt 23.00 Uhr mit einem den Südhimmel in optimaler Höhe beherrschenden Orion und natürlich geht es mit M 42/43, meinem Lieblingsobjekt los.

   

Filter sind hier tabu, da ich wieder einmal meinen Farbeindrücken nachjagen möchte und der Anblick enttäuscht mich nicht. Die Sterne des Trapez stehen schon im Übersichtsokular bei 56fach und 5,2 mm AP fein in einem wie ausgestanzt wirkenden schwarzen Loch, welches in die hellste, bläulich/weiße Nebelregion übergeht, welche sie selbst bestrahlen. Diese Region wird dann nach außen hin etwas weniger prägnant und der Farbeindruck wechselt in blaugrau/grünliche Töne, wobei sich dann zunehmend girlandienartige Strukturen wie Vorhänge verschiedener Faltung aufbauen. Diese Girlanden wechseln in den Hellsten Teilen zu einem deutlichen Rostrot/braun, dicht an der hellen Kante sogar mit leichtem Zug ins Lila.

Hier noch mal der Link zu dem Thread in dem solche Beobachtungen, die manchem Leser allzu fantastisch erscheinen mögen, Thema sind:

https://www.astrotreff-deep-sky.de/posts/t5329-M-42-Farbensehen

Darüber hinaus bemerkte ich dieses Mal, dass das „Fischmaul“ von leichten, zirrigen Nebelschwaden überlagert war, ebenso wie Teile von M 43, wobei diese wattigen Schleier wie vorgelagert zu den eigentlichen, kompakten Nebelgebieten erschienen.

Wieder ließ sich der Farbeindruck bis zu 2 mm AP und 150fach halten, die Reichhaltigkeit der Strukturen ist nicht zu beschreiben.

 

Mutig geworden versuchte ich mich anschließend mal am Hexenkopf, IC 2118. mal meinte ich, schwache Nebelschwaden ausmachen zu können, dann verschwanden sie wieder beim „Fieldsweeping“, wozu man einfach am Teleskop wackelt. Bleibt der Nebel wo er ist, dass ist er auch da wo er hingehört. Wackelt er mit ist er eher nicht am Himmel, sondern im Teleskop oder im Hirn. Die Hexe werde ich wohl auch bei noch besseren Bedingungen mit dem 12 Zöller nicht knacken.

 

Dann schauen wir halt Mal bei der Rosette vorbei. dieser große Nebel bildet mit dem unteren linken Fußstern der Zwillinge und Alpha Ori ein gleichschenkliges Dreieck. An der Stelle sieht man, wenn die Bedingungen für einen lohnenden Versuch passen sollen schon ein schwaches Sternchen leuchten.

Es leuchtete und schnell stand die kleine, aber markante doppelte Sternkette des im Nebel enthaltenen Sternhaufens im Übersichtsokular. Nebel ist da ohne Filter nur mit Augenverbiegen, aber der O III Filter holt ihn sehr schön raus und die wolkigen Strukturen umgeben den Sternhaufen an de einen Seite deutlich dicker und deutlicher, an der anderen Seite schwächer und zerrissener. Bei knapp 1,5° sprengt der Nebel das Feld im Okular, abfahren ist also angesagt.

  

 

Nun aber schnell zum Hauptobjekt der heutigen Planung, dem Pferdekopf.

Gleich mit dem H-Beta Filter ran und Enttäuschung macht sich breit. Die heimatliche Nebelbank des Pferdchens will sich nur äußerst schwach zeigen, kaum etwas ist zu erkennen.

  

Weit weniger als auf der Zeichnung und das ist unter guten Bedingungen durchaus machbar.

Ein enttäuschter Blick ohne Hilfsmittel zeigt dann auch, dass die Grenzgröße in dem Bereich merklich abgenommen hat, unbemerkt ist leichter Dunst von Horizont herauf gekrochen und hat den Gürtel des Orion schon erreicht. Das Schwertgehänge ist noch gut zu sehen und ein kurzer Schwenk zu M 42 zeigt auch, dass der H-Beta Filter nichts von seiner Wirkung eingebüßt hat, der Orionnebel zeigt deutlich Struktur, die im übrigen in Teilen sehr von der Beobachtung mit O III und UHC, auch mit der Beobachtung ganz ohne Filter abweicht.

Man müsste Mal eine Komposit -Zeichnung anfertigen, mit Falschfarben kodiert oder so ähnlich, aber was müsste man nicht alles?

 

Nochmal ein Schwenk nach oben zum Gürtel, aber es hilft nichts, auch nicht der irrationale Versuch mit einem UHC was zu reißen. Der Blick zur Uhr mahnt zum Abbruch und die Kälte in den Knochen auch. Weit nach Mitternacht wuchte ich den 12-Zöller über die Schwelle der Terassentür, auf der Oberseite des korkisolierten Tubus und auf der Holzkiste trägt er einen dünnen Eispanzer.

Es war ein sehr erfolgreicher Sonntag, auch ohne Pferdchen und Hexe. Lange habe ich mich an einzelnen Objekten aufgehalten, das ist immer so bei mir, Beobachtungslisten zum Abhaken schreibe ich mir schon längst nicht mehr.

 

Heute habe ich es gelassen, denn die dünnen Nebelschleier des Tages sind auch am Abend nicht gewichen. So war Zeit für den Bericht.