Die Tage werden länger, die Nächte kürzer, der Frühlingshimmel weicht langsam, die Chancen auf Galaxienjagd zu gehen schwinden.

Gestern Abend war der Himmel nach Sonnenuntergang nicht so weißblau wie in den letzten Wochen, er war blau, richtig blau. Andererseits sollte es schweinkalt werden und eigentlich sollte mein Sonnenfilter für den 12-Zöller endlich Mal fertig werden.

Ein knappes Stündchen Smalltalk mit Andreas, der zarte Hinweis auf die 90 DB der Oberfräse zu mittlerweile vorgerückter Stunde, immer noch keine Wolke am Himmel, also dann doch raus an die Luft, der Kälte trotzen.

Als alter Sack erwischt man sich schon Mal dabei, beinahe nach Ausreden zu suchen, aber man kann sich auch selbst erkennen und genüsslich in den eigenen Allerwertesten treten.

Wie gut das kommt erwies sich dann in den folgenden 6 Stunden.

 

Immerhin konnte ich mit dem Gedanken im Kopf, die neue Tau- Streulichtkappe zu testen, dem Drang widerstehen, richtig raus zu fahren und blieb im Garten. Der Mensch ist offensichtlich auf Kompromisse aus und seien sie auch noch so faul.

Leute, wir haben selten die Möglichkeit richtig dunkle Plätze aufzusuchen und selbst dort gibt es häufig noch entfernte Störlichtquellen.

Mir war immer wieder mal aufgefallen, dass WW-Okulare, auch kleinere Brennweiten, einen hellen Randbereich des Gesichtsfeldes zeigten, teilweise auch einseitig und ziemlich störend.

Wer einen normal gebauten Tubus, also Skywatcher, GSO, Glaxy, Orion UK hat, sollte unbedingt mal einen Blick ohne Okular durch den OAZ werfen. Kann man in irgendeiner Stellung aus dem Tubus heraus schauen, also die Umgebung sehen (und das konnte ich mühelos), dann ist er hoffnungslos zu kurz, der Tubus. Auch Gitterrohrkonstruktionen wie Meade Lightbride oder GSO-Flextube und alle Stangendobsons habe sehr häufig einen zu knapp bemessenen Hut oder im Leichtbau gar keinen Hut.

Störlichteinfall in die FS-/OAZ-Ebene ist Gift für kontrastreiche Beobachtung. Taukappen und Störlichtblenden sollten ausreichend dimensioniert werden und ein Volltubus oder Gitterrohr mit Socke hat am Standort mit Störlicht deutliche Vorteile.

So lange meine Straßenlampen brannten, also bis 23.10 Uhr, war ein sehr gleichmäßig dunkles Feld in allen Okularen Lohn der kleinen Mühe und hinterher ohnehin. Ich meine, auch im Dunkeln, unter immerhin beinahe 6 Mag Himmel und ohne künstliches Umgebungslicht noch einen leichten Vorteil mit Taukappe festgestellt zu haben.

Die Taukappe wurde übrigens innerhalb von 30 Minuten gefertigt. Mit um den Tubus ausgelegtem Velours und darauf eine Lage aus alukaschiertem Schaumstoff geklebt. Klettband am Überstand, fertig. Federleicht, passgenau, ausreichend formstabil und sehr effektiv.

Wie schon so oft komme ich um die Feststellung nicht umhin, dass solche Kleinigkeiten am Teleskop einen extrem wichtigen Einfluss auf die möglichen Beobachtungen haben.

Im Nachhinein will mir dann immer wieder nicht in den Kopf, warum ich mich bislang mit irgendwelchen provisorischen Wicklungen beholfen oder völlig auf diesen simpel erreichbaren Beobachtungsgewinn verzichtet habe.

 

Nun aber zu den Beobachtungen.

In der Dämmerung und mit dem Störlicht der Straßenlampen wurden zunächst Mal Venus, Mars und Saturn aufs Korn genommen und das war zu Anfang ein Seeingtanz vom Feinsten. Die schlanke Venussichel sprang im Fokus hin und her, zeigte dreifache Sichelenden und der Mars verhielt sich nicht viel besser. Das war schon bei niedrigen Vergrößerungen so. Defokussiert konnte man die Sicheln und Marsscheibchen kaum zählen. Der Lüfter brummte, es wurde zusehends dunkler und später ging es dann wesentlich besser, obwohl die Venussichel da schon sehr tief gesunken war und etwas atmosphärische Refraktion sichtbar wurde.

Dem schon wieder recht weit entfernten Mars konnte ich noch eine winzige Polkappe und eine dunkle Zone entlocken, er zeigt sich bereits wieder nicht mehr voll ausgeleuchtet, es lohnt eigentlich kaum noch, ihn visuell aufs Korn zu nehmen.

Saturn hingegen macht Laune.

Ich konnte ihn später durchaus bis 200/250fach ziehen, aber drüber wurde die Cassini-Teilung verwaschen, ja sogar gänzlich eingeebnet, das Seeing war also immer noch recht bescheiden. Trotzdem fand ich die Beobachtung mit bis zu 200fach sehr angenehm und detailliert. Cassini in den Außenbereichen deutlich auszumachen, natürlich bei derzeitiger Ringöffnung nicht umlaufend. Dennoch Ring und Ringschatten vor der Kugel deutlich auszumachen und der Planet selbst in sehr schönem Farbspiel mit klarer graugelber Polkappe und deutlichen Bändern. Zwei schmale helle Bänder fassen eine dunklere, breite Region ein.

Natürlich erlag ich mehrfach dem Versuch höhere Vergrößerungen anzulegen und manchmal ändern sich die Seeingbedingungen ja auch in kurzer Zeit. Mit meinen Zoomokularen ist das kein Problem und der 12-Zöller ist ja auch für 400fach und mehr gut, wenn es denn gut läuft. Das Fazit war aber wieder einmal, dass es wesentlich entspannender ist und auch mit deutlich mehr Detailreichtum belohnt wird, wenn man nicht an die Seeinggrenze heran oder gar darüber hinausgeht. In einem kleineren, stehenden Planetenbild kann ich wesentlich mehr Details erkennen und die Beobachtung genießen. Knackige Farben, klare Kontraste, feine Übergänge. Auch die kleinen Monde sind dann leichtere Beute, ein kleiner Zwerg direkt an der Ringkante fiel schon deutlich vor der Cassini-Teilung dem Seeing zum Opfer, wenn ich die Vergrößerung hochzog.

 

Endlich (Straßenlampen)Licht aus und gegen 23.30 Uhr fängt das Deep-Sky Vergnügen an.

Zum Einstieg fällt mir nichts Besseres als M 51 ein, die mit der detulich kleineren NGC 5195 in Wechselwirkung steht. Der 12-Zöller zeigt da schon mächtig Spiralstruktur, das fasziniert mich immer wieder und es macht einfach Spaß, da mit 150fach und mehr reinzuzoomen. Schemenhaft meine ich eine Verbindung zu der kleinen runden Nachbarin zu erkennen.

  

 

Dann gleich runter zu den Jagdhunden, hier gefällt mir immer wieder das Paar NGC4490/4485 sehr gut. Die beiden GX stehen ebenfalls in Wechselwirkung miteinander, sind sich also nicht nur perspektivisch sondern tatsächlich auch räumlich sehr nahe.

   

 

Weiter zu der für eine GX seltsam rechteckig erscheinenden NGC 4449. Es handelt sich um eine irreguläre Galaxie, die also keinem der gängigen Typen von Spiralformen bis Ellipse zuzuordnen ist, ähnlich wie z.b. die beiden magellanschen Wolken.

  

 

Dann runter zu NGC4631, die ich lieber Walfisch nenne, bekannt ist sie wohl als Hering, ziemlich despektierlich für so eine Schönheit, schwebt doch eine kleine rundliche GX direkt über (Newtonanblick unten) ihr und macht das Bild eines blasenden Wals perfekt, sogar ein Sternchen, welches das Blasloch markieren könnte, fehlt nicht. Mit im Feld des Übersichtsokulars dann noch ein Angelhaken, NGC4656, ich meine, den schwachen Ausläufer (Haken) bei höherer Vergrößerung als kleine Krümmung ansatzweise zu sehen, hui schwer und nicht ganz frei vom Verdacht der Wunschsichtung.

  

 

Nun wuscheln wir mal der Berenike ein wenig im Haar und da war M 64 mit einem wirklich schwarzen Auge, das bei mittleren Vergrößerungen richtig markant wurde, schon ein Zeichen für gute Transparenz des Himmels und rundum anständige Bedingungen.

  

 

NGC 4565 präsentierte sich dann auch wirklich lang ausgestreckt mit ihrer extremen Kantenlage und einer deutlich wahrnehmbaren, hellen zentralen Verdickung. In diesem Bereich ist sogar das Staubband als schmaler Stich zu erahnen.

  

 

Bevor es dann endlich in den Virgohaufen geht noch schnell einen Kugelsternhaufen eingestreut, M 3 ist in der Verlängerung des oberen Winkelschenkels von COM mit dem 2 Zoll Übersichtsokular eigentlich kaum zu verpassen. Ich bemerke aber doch, dass ich vorbei gesegelt bin, als ich einen lichtschwachen, runden Nebelfleck mittig im Okular habe. Das ist der Nachbar, näher zum Bärenhüter hin gelegen, NGC 5466. Recht groß, aber lichtschwach fehlt er in vielen Sternkarten. also noch mal um die Hälfte zurück und schon ist die Sternenpracht von M 3 im Bild. Die Auflösung steigt mit höheren Vergrößerungen sprunghaft, dieser KS ist ein echter Hingucker.

 

Nun aber endgültig abwärts, die Trödelei hat mich schon einen lohnenden Blick auf M 104 gekostet, Der Sombrero liegt schon im horizontnahen Lichtsumpf. Was Solls, in weiter oben in Virgo gibt’s haufenweise GX, diese Jungfrau hat sehr viel zu bieten.

Weil ich für den Virgohaufen immer am Schwanz des Löwen ansetzte stelle ich auch noch mal kurz das bekannte Leo Triplet ein, heute ist die NGC wieder mal richtig fett und fast schon dominierend. Das sieht unter ungünstigeren Bedingungen schon mal anders aus und man sieht wenig von ihr.

 

Dann ziehe ich endgültig rüber, auf M 98 und 99 zu. Von dort finde ich von GX zu GX den Weg zu Markarians Galaxienkette und hier auch meine Lieblingsstelle, ein aus M 84 und M 84 mit NGC 4388 gebildetes Dreieck und genau im Mittelpunkt noch die kleine NGC 4387.

Die Ms sind zwei riesige elliptische GX, NGC 4388 eine leicht elongierte Spirale und der Winzling in der Mitte braucht mit weniger als 12 Zoll Öffnung schon mehr Vergrößerung und guten Himmel. Zwei Augen, Mund und Nase oder was man sonst in dieses Bild hineininterpretiert, das ist der Endpunkt von Markarians Chain, doch rundum gibt es noch viele weitere GX zu sehen.

  

Auch die siamesischen Zwillinge, NGC4568/7 kommen heute gut, in etwas ungleicher Herzform daher. Ich gehe das ganz langsam durch, wechsele häufig vom 28er Übersichtsokular auf 14 bis 10 mm Okularbrennweite.

  

 

Unter 6er Himmel mit knapp über 5 mm AP und schon bei knapp 60fach, das klappt am 12-Zöller schon sehr gut, bringt den nötigen Kontrast um auch kleine Fuzzelchen aus dem Himmelsgrund zu schälen und dann kann man durchaus auch bei der Beobachtung von GX mit 100fach bis 200fach mal schauen, was mit höheren Vergrößerungen so geht.

Ich hab’s nun nicht auf das Durchzählen und Abhaken der kleinsten und lichtschwächsten GX abgesehen und ja, ich hab auch hier und da den Überblick verloren und wusste manchmal nicht, was ich da gerade sehe, aber Genuss pur muss auch mal sein, also Schwamm drüber, es ist gewaltig was los da oben.

So langsam ließ auch die Konzentration etwas nach und von den Füßen ausgehend wollte sich Kälte in meinem Körper ausbreiten. Komisch, erst wenn die Konzentration hinüber ist wird’s auch kalt.

Ich suche noch unmotiviert nach NGC 5248, die ziemlich einsam im Grenzgebiet zwischen Bärenhüter und Jungfrau steht und auch vielfach auf Karten fehlt. Mit einer Helligkeit von 10,2 Mag und 6x4° Ausdehnung ist sie ein sehr nettes Objekt, aber ich finde sie nicht und habe Lust auf Tee.

 

Der Tee macht das Rennen, eine Banane und etwas Schokolade peppen zusätzlich und ich tausche mal die Okularsätze aus. ein verzoomtes 14er Pentax, mein 16er UWAN-Zoom, das Mitbringsel vom ATT, ein 15er NED, bei dem es sich offensichtlich um die altbekannten ED-Okulare im neunen Kleid handelt, wurde ebenfalls verzoomt und dazu gibt’s noch das Hyperion Zoom Mark III. Das 11er Nagler-Zoom wir auch noch parat gelegt, halt nicht so wirklich gezoomt.

M 13 mit seiner kleinen Begleit-GX, NGC 6207 sollen als Testkandidaten her halten, dazu der benachbarte Ringnebel, M 57.

Das Ergebnis ist eigentlich schnell erzählt. Die Qualität des 14er Pentax ist einfach bemerkenswert, die Randunschärfe hält sich an F/5,3 noch sehr in Grenzen. Eigentlich an Teleskopen, nicht schneller als F/6, gelobt, macht es die beste Figur und wird so seinem hohen Preis gerecht. Das UWAN-Zoom schlägt sich wie immer wacker und das „billige“ NED ist nicht so viel schlechter wie der Preis es glauben machen könnte, es fehlt halt etwas Feld und ganz so sauber ist die Abbildung nicht, wie es das Pentax vormacht. Feinste Sternchen in Kugelform, egal vor schwarzem Hintergrund oder vor dem nicht ganz aufgelösten, hellen Zentralbereich des Haufens, sind halt heikel. Die kleine GX, die ich immer wieder kurz einschwenke, zeigen alle Okulare. Da führt aber das Pentax sehr deutlich, es zeigt die GS wirklich merkbar heller als z.B. das NLV, aber auch besser als das UWAN oder Nagler.

  

Viel ist das nicht, aber merklich.

Auch der Ringnebel springt einen im Pentax irgendwie richtig an, zeigt den schönsten Milchglanz im Inneren und extrem scharfe Konturen aber die anderen Okulare zeigen ihn ebenfalls sehr gut.

  

Das Hyperion Mark III läuft etwas außer Konkurrenz. Das bei 24 mm wirklich enge Feld weitet sich bis 15 mm eigentlich nur schleppend. Es ist auch bei den langen Brennweiten deutlich randunscharf, nach unten hin wird das besser. Erst ab 12 oder 10 mm Brennweite merkt man, wie da Feldzuwachs und Konkurrenzfähigkeit sich einstellen. In dem Bereich stellt es sich dann dem Nagler Zoom bis 8 mm runter, da kann man mit dem Feld leben. Die Achsschärfe und die Transmission sind für ein Breitbandzooom erstaunlich gut. Im Bereich 15-10 mm macht es aber nichts besser als das günstige NED und das Feld bleibt nach meiner Schätzung anfangs deutlich unter den 60°, die das NED bietet.

Als ein Okular für alles ist so ein Breitbandzoom gedacht, jou es geht, aber letztlich ist mir mein 22er LVW plus zwei 82° Zooms lieber, zumal man für den spannendsten Bereich der Zoomerei, für die Hochvergrößerung, noch mal die zusätzlich Hyperion-Barlow zwingend braucht. Das schau ich mir ein anderes Mal an, nun ist es mal wieder für ein Weilchen gut.

Vorerst jedenfalls will mir das Breitbandzoom mit der zusätzlichen Barlow nicht gerade als Schnäppchen im Verhältnis zum Nutzen und zur Leistung erscheinen, wobei ich schon ein wenig nachdenke, ob da nicht auch die Vereinsbrille des Astrozoomers ein zu düsteres Farbspiel zeigt.

 

Schicht im Schacht, es ist kalt und müde bin ich auch, es geht auf 03.00 Uhr zu. Ach herrje, was fliegt den Der Schwan so hoch da oben rum und das bei dieser Schweinekälte?

Na egal, ein erster Blick auf den Sommer muss noch sein, also O III aus dem Koffer zaubern und noch mal das 28er UWAN in den OAZ. Cirrus und Nordamerikanebel erscheinen als genau die richtigen Absacker nach einer solchen Nacht und sie halten beide, was sie versprechen. Die nächste halbe Stunde ist die Kälte noch Mal Nebensache und vergessen. Im mittleren Bereich des Cirrus, also zwischen Sturmvogel und Knochenhand (westlicher Bogen) gibt es mit 12 Zoll Öffnung wirklich viele Strukturen zu entdecken.

  

 

Auch der Nordamerikanebel wallt heftig, wenn man sich Zeit lässt und sich in die Strukturen einliest.

 

Der Abbau dauert, dank der Nähe des Hauses nur 15 Minuten, danach ein Nikotinstäbchen (ich weiß, das muss nicht sein) und ein dankbarer freuäugiger Schwenk über einen grandiosen Himmel mit leichter, morgendlicher Aufhellung im Osten. Wieder geht eine Viertelstunde achtlos und doch so überaus sinnvoll dahin, aber dann geht’s doch ins Bett.

Himmelfahrt vom Feinsten.