Am Pfingstsonntag riss gegen Abend die Wolkendecke immer mehr auf und es war auch nicht so kalt und windig wie die Tage zuvor. Es sah so aus, als könne sich das halten und auch die Wetterfrösche versprachen ein paar fast wolkenlose Stunden.

Kurz entschlossen stellte ich den kleinen 6 Zoll Dobson, mit dem ich schon am Morgen einige Wolkenlücken zur Sonnenbeobachtung nutzen konnte, nochmal auf den Balkon. An Deepsky war beim hoch stehenden Mond im Alter von knapp 12 Tagen eher nicht zu denken, also dann eben Dreiviertelmond, wenn er sich schon so aufdrängt. So wurde die indirekte Beleuchtung durch die großen Balkonfenster aktiviert und der Binoansatz mit den 26er Plössel-Okularen bestückt, die 18er Orthos wurden zum Wechseln vorgesehen. Das ergibt mit der komakorrigierenden Barlow vor dem Binoansatz Vergrößerungen zwischen 92 und 150fach. Das sollte reichen. Weil ich auch endlich mal am Mond zeichnen wollte, sollten es erst mal geringere Vergrößerungen sein, damit die Detailflut nicht zu erschlagend wird.

Mit der Hintergrundbeleuchtung verhindere ich die Dunkeladaption meiner Augen, weil das am hellen Mond extrem stört und habe gleichzeitig Licht genug zum Zeichnen.

 

In der Totalen fallen mir sofort die beiden großen Krater Tycho und Copernikus auf. Sie sind mit ihren "Strahlensystemen", also den langgestreckten, hellen Fingern der Auswurfzonen immer ein auffälliger Blickfang, ebenso die dunklen Mare. Für das Schauspiel des goldenen Henkels, bei dem sich die Kämme des Juragebirges, von der Sonne hell angestrahlt, über die noch in dunklen Schatten gehüllte Regenbogenbucht des Mare Imbrium erheben, bin ich einen Tag zu spät.

Der Terminator, also die Schattenzone ist schon ein gutes Stück weiter gewandert und ich schaue mit den Augen daran entlang, sind doch hier, im Wechsel von Licht und Schatten, die Kontraste besonders hoch. Sehr hell leuchtet mir, ein Stückchen abseits davon, der Krater Aristarchus engegen. Der Krater hat etwa 40 Kilometer Durchmesser und seine Wälle ragen bis zu 3 Kilometer auf. Auf der, dem Terminator zugewandten, Seite fällt sofort das bekannte Schröter Tal ins Auge. Hier lohnt ein genauer Blick und auch eine Zeichnung, denn der benachbarte Krater Herodotus ist nur geringfügig kleiner als der große Nachbar, es gibt zahlreiche kleinere Krater, sowie Berge und Hochebenen im Umfeld. Der in der Zeichnung dunkle Übergang und die Erhebug des Schrötertals zum Krater Herodotus hin wird auch als Cobrakopf bezeichnet. Eine gewisse Ähnlichkeit lässt sich nicht leugnen.

Als  Besonderheit schwebt ein kleiner heller Fleck über der schwarzen Dämmerungszone, eine, für mich namenlose, Erhebung reckt sich aus dem Schatten ins Licht. 

Okay, das sind meine ersten Versuche am Mond. Es gibt sicher Leuter die das deutlich besser können, aber die Zeichnung gibt doch einen ganz brauchbaren Eindruck von der Region wieder. Mal sehen, wie sich das noch entwickelt.

Im Newtonanblick etwas weiter nach unten, am Terminator entlang, fiel mir einen Region auf, wo die Licht-/Schattengrenze regelrecht zerrissen und deformiert aussah.

Es handelt sich um Mons Rümker, ein Mondgebirge vulkanischen Ursprungs, welches zum Beobachtungszeitpunkt exakt auf der Schnittlinie des Terminators lag.


     

Ein Schauspiel, welches sich nur wenige Stunden bietet und das sich schnell verändert. Ich habe nur einen hoch vergrößerten Ausschnitt gewählt.

Bei der Gelegenheit stolpert man bei der Suche nach den Bezeichnungen der Strukturen dann darüber, dass Kleinkrater im Umfeld ihren größeren "Brüdern" häufig mit fortlaufenden Buchstaben zugeordnet werden. Der kreisförmige helle Fleck ganz rechts am Terminator ist Rümker C. Die 1 markiert Rümker E, die 2 Rümker L.

So weit, so gut. Die Zeichnungen sind hochgradig verbesserungsfähig. Ich weiß nicht, ob mit die Weiterführung Spass macht. Andererseits bemerke ich, wie viel mehr man beim Zeichnen sieht, weil man sich einfach viel mehr auf das Sehen konzentriert, als bein reinen spazieren gucken.