Dies wird eine kleine Fortsetzungsreihe mit neuen Beobachtungen zu den in der Hobbyastronomie altbekannten großen Nebeln, die wir mit unseren Teleskopen beobachten können. Natürlich habe ich sie schon oft beobachtet und auch beschrieben, aber wie ist das nun heute, mit der deutlich gestiegenen Lichtverschmutzung und was kann ich von meiner Terrasse im Garten aus, mit dem 12-Zöller, mit meinem Equipment und meiner Erfahrung herausholen, was kann ich zeichnen. Was geht auf La Palma, wo ich von der Casa Rosabel aus oder auch bei Kai, auf  der Astrofinca  Athos, wo ich 16 Zöller unter sehr gutem Himmel nutzen kann. Wie hat sich meine Sicht auf diese Objekte eventuell auch verändert, kann ich Empfehlungen und Tips geben, die bei einer "Nachbeobachtung", welche über das bloße Sehen des Objekts hinaus geht, helfen.

Ich beginne mit meiner zweieinhalbstündigen Beobachtung des Cirrusnebels im Schwan, vom 16./17.08.2022, zwischen 22.00 Uhr und 0.30 Uhr.  Es handelt sich um den wohl bekanntesten und am häufigsten beobachteten Supernova Überrest am Himmel. Zweieinhalb Stunden dauerte das, unter anderem auch, weil ich unter Rotlicht gezeichnet habe, aber hauptsächlich, weil der Komplex sich immerhin über 3 Grad Feld unseres Himmels ausdehnt und sich in eine Vielzahl einzelner Nebelchen mit ihren Katalognummern und Eigennamen gliedert.

In der ersten Hälfte der Beobachtung störten noch 5 Straßenlampen in Sicht- und Reichweite, die schlimmste davon konnte ich mittels eines Sonnenschirms zwischen Teleskop und Lampe etwas abschatten. Als die Lampen endlich aus waren, stand der Dreiviertel-Mond schon am östlichen Himmel.

Da sagen wieder Viele, unter solchen Bedingungen beobachtet man nicht, aber noch mehr Leute, z.B. in Stadtnähe haben es selten bis nie besser. Ich habe dann im kleinen Wagen immerhin noch 5 Mag plus irgendwas und schon wenn ich meinen Augen eine Minute gebe, um in diese dunklere Richtung zu schauen wird das mehr. Also werden auch solche Bedingungen bei mir genutzt, ich lasse mich auf das Versteckspiel mit den Lampen ein und warte nach Blendung mal ein Weichen ab. Das Problem hab ich beim Zeichnen ohnehin immer ein wenig. Da kann man auch im Okular zusehen, wie minütlich die Grenzgröße steigt und ein Nebelbogen Substanz gewinnt.

Okay, nach ungefährer Peilung auf den 4,2 mag hellen Stern 52 Cyg im Flügel des Schwans, der in NGC 6960, der Sturmvogel-Komponente des komplexen Nebels steht, ist da erst mal nichts. Ohne Filter wirklich nichts. Anstatt genauer nach dem Stern zu peilen schiebe ich einfach den O III Filter vor das 38er WA Okular und sehe am Gesichtsfeldrand einen hellgrauen, gekrümmten Nebelbalken. Ich habe die gegenüberliegende Komponente, NGC 6992/995 erwischt. Das ist aber okay, irgendwas erwische ich da fast immer im ersten Anlauf.

Die Rohskizze der folgenden Zeichnung entstand dann innerhalb der nächsten zwei Stunden.

Es ist wirklich ganz erstaunlich, wie viele Details man auch unter relativ ungünstigen Bedingungen zwischen 40fach und 120fach, mittels Filter und bei Austrittspupillen zwischen 7 und 2,6 Millimetern herauskitzeln kann. Immerhin an einem Objekt, welches sich ohne Filter bei 40fach gar nicht, nicht mal in seinen hellsten Teilen und erst ab 57fach mit Augenverbiegen und nur schemenhaft zeigt. Das ist reine AP-Sache, der Hintergrund wird aber dunkler, das Objekt zwar auch, aber eben größer und damit leichter zu erfassen. Für die Zeichnung ging ich nicht höher als 80fach.

Es handelt sich im Übrigen um eine Überlagerung von etwa vier Gesichtsfeldern des 28er UWA Okulars, die zusammengefasst diese Komplettansicht ergeben.

Im zweiten Bild habe ich die wesentlichsten Teile beschriftet.

Es gibt z.B. noch "Komponenten", von A bis J durchnummeriert, zwei davon sind oben rechts schwach angedeutet zu sehen. Andere gehen visuell einfach in großflächigen, schwach sichtbaren Strukturen wie Pickerings Triangle Whisp auf. Dann gibt es noch den langen Wasserfall, ich habe ihn ganz schwach gesehen, die Andeutung einer hellen Linie vom Triangle ausgehend. Faszinierend in einem ganz besonderen Maße sind aber die quirligen Stränge in die sich hellere Nebelteile, gerade in NGC 6992 und NGC 6996, visuell zerlegen lassen. Sie zeigen sich bei geduldiger, konzentrierter Beobachtung mit indirektem Sehen und dann immer wieder auch direkt, mit dunkleren Zwischenbereichen, wenn man sich auf Abschnitte der Nebelbögen konzentriert. Allein die schwächeren, fingerartigen Ausläufer von NGC 6995, die wohl zum treffenden Eigennamen Knochenhand führten, brauchen mit ihren Stegen, Höhlen und Knoten viel Geduld und Zeit. Der Einsatz lohnt, meiner Meinung nach, allerdings sehr. Die schwachen Nebelfahnen im Mittelteil des Cirrus sind wirklich herausfordernd. Gerade unter Störlichteinfluss bringt der Nebelfilter hier nur die halbe Miete, den Rest muss Geduld bringen und die Zeit mit dem Auge am Okular, die nun mal erforderlich ist, um die Dunkeladaption und damit das Auge voll auf das Bild einzustellen. Ein Beobachtungstuch kann hier beschleunigend helfen, beim Zeichnen ist es mir zu umständlich.

Extrem interessant finde ich es auch, mal auf den sehr weichen Castell UHC zu wechseln und so den Sternen im Nebel zu mehr Glanz zu verhelfen. Hat man sich mal in den Nebel "eingelesen", ist maximale Störlichtdämpfung, auch an ungünstigeren Standorten als wir sie uns wünschen, nicht mehr so zwingend erforderlich.

Das nächste Objekt, Messier 17, der Schwanen- oder Omeganebel im Schützen, knapp an der Grenze zum nördlicher gelegenen Schild, ist zwar mit nur 20 x 15 Bogenminuten Winkelausdehnung am Himmel gegenüber dem Cirrus mit seinen rund 180 Bogenminuten (3 Grad) geradezu ein Zwerg, dennoch ist er ein ganz Großer unter den Nebeln, was seinen Bekanntheitsgrad und auch seinen Detailreichtum angeht. Zudem ist er hell genug, und im passenden Beobachtungsfenster auch hierzulande an vielen Standorten noch hoch genug über dem Horizont, um detailreiche Beobachtungen zu erlauben.

Anders als beim Cirrus ist der Kernbereich des Nebels bei der Aufsuche auch unter mäßigen Bedingungen und ohne Filter noch gut als fächige Aufhellung zu erkennen. Hier ist auch mal das kopfstehende Bild im Newton sehr passend, sieht man so doch gleich einen mehr oder weniger aufrecht schwimmenden Schwan im Bild, dessen Hals mir immer wieder etwas kurz erscheinen will.

 

Zugegeben, was ich hier in den letzten Wochen, aus dem heimischen Garten heraus,  in intensiver Beobachtung, mit und ohne Filter, mit wechselnden Vergrößerungen, beobachten konnte, reicht nicht ganz an das heran, was ich zuletzt auf La Palma von diesem Nebel bereits ohne Filter zu sehen bekam. Da steht allerdings ein 16-Zöller und der Nebel deutlich höher am wesentlich dunkleren Himmel.

Von daher ist das folgende Vergleichsbild nicht fair und doch zeigt es mir eben absolut nicht auf, dass die Beobachtungen und Zeichnungen zu Hause schlecht und nicht lohnend sind. Nein, sie sind gut, sie sind erfreulich und allen Einschränkungen zum Trotz immer wieder ein Genuss. Man muss halt ein wenig mehr tun um so einem Objekt möglichst viel von seinen Reizen zu entlocken.

Man sieht es im Vergleich sehr schön, die Zeichnung zu Hause basiert auf Beobachtungen mit mehr Vergrößerung und auch mehr Filtereinsatz. Dennoch sind viele Details, gerade abseits des Kernbereichs, nur schwach angedeutet zu sehen. Immerhin sind sie da und auch die Sterne im Nebel fehlen nicht.

Im März 2023 bietet es sich an, die Serie mit einem weiteren großen Nebel, dem großen Orion Nebel (Messier 42/43) weiterzuführen. Allerdings wurde dieses Mal meit einem kleinen Teleskop, meinem frisch renovierten und verbesserten 114/660er Dobson beobachtet.

Weitfeldaufnahmen dieser Art finde ich persönlich sehr faszinierend. Das Objekt, seine Oriontierung im Raum mit benachbarten Sternhaufen und Ansammlungen, das alles übt auf mich den gleichen Reiz aus wie Detailansichten der Objekte mit höherer Auflösung.

 

Trotz störendem Mondlicht war die Form des Nebels sowie ein leichter Grünstich in den hellsten Teilen schon sehr gut erkennbar. Die Sterne oberhalb des Nebels markieren NGC 1977, den "running man", unterhalb erkennt m,an den großen, offenen Sternhaufen NGC 1980.

Die Beobachtung mit größeren Teleskopen bringt natürlich deutlich mehr Auflösung. Das äußert sich in größerer Nebelfläche, Strukturen in den Nebelfahnen und bringt bei mir auch schon einen deutlichen Farbeindruck ins Bild.

Besonders eindrucksvolle Beobachtungen konnte ich auf La Palma mit dem 16 Zöller machen, wobei ich die ganze Region um M 42 herum beobachtete und der Plan heranreifte, daraus eine Zeichnung zu machen.

Dieses Weitfeld liegt mir einerseits sehr am Herzen, andererseits hatte ich doch einige Bedenken, ob es gelingt.
Aus mehreren Beobachtungsnächten mit verschiedenen Beobachtungen mit und ohne Filter in allen möglichen Vergrößerungen, angefangen mit Über-AP durch das 38er WA bis zu meinen beiden Nagler-Zooms. Manchmal kam auch ein 13er Ethos zum Einsatz.

Ich habe dann alles in ein Gesichtsfeld gepackt, quasi ein visuelles Mosaik erstellt und hoffe, es gefällt. Für mich ist es als Erinnerungshilfe an einen genialen Astrourlaub und diese tollen Beobachtungen perfekt

 

Ausschnittvergrößerungen:

 

 


Nun komme ich endlich zum Lagunennebel, Messier 8 und seinem kleinen Nachbarn, Messier20, dem Trifid Nebel. Auf hochauflösenden Fotos sieht es so aus als gehörten diese beiden Katalognummern zu einem einzigen Nebelkomplex und das sieht man mit passendem Gerät und unter sehr gutem Himmel auch visuell. Von Deutschland aus war das für mich, auch mit einem 16 Zöller, nie offensichtlich, der 16 Zoll Dobson auf La Palma, bei Kai, machte den Sachverhalt offensichtlich. Für den Anblick des ganzen Komplexes musste ich zwar etwas mit dem Okular kreisen, das "stehende" Feld reichte selbst im 38 mm WA, also mit krasser Über-AP, nicht für eine Komplettansicht aus, aber es war einfach nur atemberaubend, wie hell, strukturiert und vielfältig die Nebelstrukturen bei allen Vergrößerungen in den Okularen standen, ob mit oder ohne Nebelfilter. Harte Filterung erwies sich als sehr kontraproduktiv, löschte z.B. den Reflektionsnebel in M 20 komplett aus. Ein weicher UHC oder auch mal ganz ohne Filter, das waren die besten Anblicke. Nebelfetzen auch weitab von den Hauptmassen, auch dunklere, sternarme Zonen neben Regionen mit unzähligen Sternen. Das glaubt Dir außer Rolf, der es auch gesehen hat, niemand und es ist nicht zu zeichnen, so mein erster Reflex. Dann doch Versuche, allerdings zunächst alle mit unbefriedigendem Ergebnis. Nun habe ich die alten Skizzen doch noch aufbereitet.



Ich bin ganz zufrieden, wohl wissend, dass ich die ganze Pracht, vor allen Dingen die Sternenvielfalt die sich dem Auge bietet, nicht in die Zeichnung retten konnte. Immerhin ist mir eine Gedankenstütze für die Erinnerung und eine recht ordentliche Darstellung der gesehenen Nebelstrukturen gelungen. Der kleine Kugelsternhaufen NGC 6544, unterhalb von M8 auf 07.00 Uhr, war mühelos als KS zu erkennen, die Nebelfetzen bei 09.00 Uhr haben Katalogbezeichnungen und auch den kleinen offene Sternhaufen NGC 6531 auf 01.00 Uhr am Bildfeldrand konnte ich erkennen. Die dunklen, gezackten "Flüsse" in M 20 sehen aus wie ausgestanzt.

Stelle ich dem die beiden Zeichnungen gegenüber, die zu Hause auf einem kleinen Teleskoptreffen im Jahr 2019 entstanden, wird sicher deutlich, dass sich meine Zeichentechnik ein wenig verbessert hat.

Noch deutlicher wird aber, wie sehr beide Objekte auf La Palma vom erheblich höheren Stand über dem Horizont, der klareren Luft und der geringeren Lichtvertschmutzung des Himmels durch Kunstlicht profitieren.

 

Hier ein Auszug aus meinem Beobachtungsbericht vom FTT Ende August 2019:

....Es muss einfach sein, auch wenn es Leute gibt die sagen, dass sie sich das hierzulande nicht antun. Ich tue es mir an, die Objekte der südlichen Sommermilchstraße sind einfach zu verlockend......

So geht es zügig hinüber zu M8 und da geht es wieder los.

Sah ich früher regelmäßig, sogar von damals schlechteren Standorten aus, freiäugig eine kleine strichförmige Aufhellung für die die hellsten Sterne um M 8 verantwortlich sind, benötige ich dieses Jahr vier mal den den 8x50 Sucher, nur ein mal führt mich ein Hauch von mehr als Einbildung schon mit dem Peiler direkt ins Ziel.

Im Übersichtsokular, bewusst schon nur 5,3 mm AP, fällt der Sternhaufen direkt auf, vom Nebel ist nur der absolut hellste Teil als leichte neblige Aufhellung zu erkennen.

Mit einem harten Baader O III Filter kommt der Nebel dann wirklich sehenswert mit den bekannten Details und der Lagune heraus, das kostet Sterne und so bringt mir der weichere Castell O III das beste Bild, der noch weichere UHC erinnert sehr stark an das, was noch vor wenigen Jahren ohne Filter zu sehen war.....

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Das sind für mich immer noch sehr lohnende Beobachtungen und ich werde diese Obkjekte auch zu Hause immer wieder, bei jeder Gelegenheit aufsuchen.

La Palma ersetzt die Beobachtung zu Hause nicht, weil ich eben viel zu selten dort hin komme.

Hier, quasi vor der Haustüre, kämpfe ich gegen Lichtverschmutzung und um möglichst weitgehende Dunkeladaption meiner Augen um überhaupt etwas von schwachen Nebelstrukturen zu erhaschen.

Auf La Palma steht sogar, oder gerade der Lagunennebel M 20, so hell und groß im Okular, dass hier von annähernd vollständiger Dunkeladaption wirklich nicht mehr die Rede sein kann. Der Sternenhimmel ist so hell, dass man für Bewegung im Gelände keine Rotlichtlampe benötigt und der Blick ins Okular schon sehr hell ist.

Es ist eigentlich eine logische Folge, dass mit reduzierter Dunkeladaption auch die Detailerkennung steigt, denn wir sind nun mal im Laufe der Evolution "Tageslichtseher" geworden. Nachts sinkt mit der Dunkeladaption die Wahrnehmungsschärfe um bis zu Faktor 5 (Fünf!) für den wichtigen, aber vagen Seheindruck, dass da im Dunkeln etwas "lauert".

Fortsetzung mit Nordamerikanebel, Pelikan,....in Arbeit.